Das Bundesland Sachsen nimmt mit aktuell 10 historischen Bunker- und vergleichbaren Anlagen einen Mittelrang im Verhältnis zu benachbarten und weiter entfernten Regionen in Deutschland ein. Während es im Nachbarland Thüringen 11 Bunker gibt, zählt man in Sachsen-Anhalt lediglich zwei zu Zeiten der DDR errichtete Anlagen.
Sachsenbunker: Zeugnisse des 20. Jahrhunderts
Deutlich mehr noch existierende oder ehemalige und zerstörte Bunker von vor oder nach 1945 finden sich hingegen in Berlin (19), Brandenburg (32) und Mecklenburg-Vorpommern (17). Auch in Schleswig-Holstein (32) und Bayern (30) sowie Nordrhein-Westfalen (39) liegt die Anzahl der Bunker höher als in Sachsen. Nichtsdestotrotz sind die „Sachsenbunker“ auch in architektonischer und militärhistorischer Hinsicht interessant, da sie wichtige Zeugnisse des 20. Jahrhunderts und dessen unterschiedlicher politischer Systemen in Deutschland darstellen.
Bunker Königsbrück
Die bereits in den Jahren 1907/8 erschlossene, gut 4.500 Hektar große Anlage auf dem heutigen Gemeindegebiet der Stadt Königsbrück im Landkreis Bautzen in Ostsachsen und der westlichen Oberlausitz diente zunächst der Königlich-Sächsischen Armee als Schieß- und Truppenübungsplatz. Nach der Übernahme des mit befestigten Beobachtungsständen versehenen Geländes durch die Reichswehr 1919 wurden dort von 1930 bis 1942 von der Wehrmacht diverse Bunker unter der Erde errichtet. Nach dem Zweiten Weltkrieg und bis zu ihrem Abzug 1992 nutzte die Rote Armee das Areal als Atombunker, für Schießübungen sowie als Basis für die Raketen des Typs „SS-12“.
Die Überreste der Bunkeranlage Schwepnitz-Königsbrück befinden sich im fast 7.000 Hektar großen Naturschutzgebiet „Königsbrücker Heide“. Seit 2008 können Besucher das ehemalige Militärgelände vom 34 Meter hohen Haselbergturm in Augenschein nehmen. Zugänglich sind die Bunker wegen der hohen Einsturzgefahr jedoch nicht.
Sachsenbunker Taucherwald
Das im Januar 1984 von der Roten Armee erbaute und bis August 1992 als Raketenlager und Kfz-Bunker für verschiedene Militärfahrzeuge genutzte Gelände befindet sich auf dem Gebiet des Taucherwalds im kleinen Ortsteil Uhyst am Taucher der Gemeinde Burkau bei Bischofswerda und westlich von Bautzen in Ostsachsen. Hier wurden 1986/87 massive Kasernengebäude errichtet, Ende Februar 1988 wurden die Raketen jedoch abgezogen. Ab April 1988 wurde das Areal als Ausbildungsstätte für Militärkraftfahrer genutzt, nach dem Abzug der sowjetischen Truppen 1992 erfolgte die Übergabe an die bundesdeutsche Verwaltung.
In den Jahren 1994/95 wurden die Kasernengebäude der „Operationsbasis Bischofswerda“ abgerissen. Unter der Regie des 1997 gegründeten „Fördervereins Taucherwald“ wurde Ende Mai 2000 eine Naturschutzstation in einem der wenigen verbliebenen früheren Dienstgebäude eröffnet. Das Anliegen von engagierten Bürgern aus der Gegend, den Lagerbunker als offiziell anerkanntes Denk- und Mahnmal zu erhalten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen blieb bislang erfolglos.
Sonderwaffenlager Großenhain
Der von 1972 bis 1974 als Sonderwaffenlager für atomare Munition der Roten Armee erbaute Bunkerkomplex befindet sich auf dem Gelände des ehemaligen, von 1945 bis 1993 genutzten sowjetischen Militärflugplatz westlich der Stadt Großenhain im Landkreis Meißen in Nordsachsen. Das ab dem Jahr 2000 vorübergehend als Garage genutzte Areal steht seit 2004 unter Denkmalschutz. Ab September 2007 beherbergte einer der beiden Fertigteil- und Lagerbunker für atomare Zünder vom Typ „Granit“ eine für die Allgemeinheit zugängliche Flugplatzausstellung. Nachdem der Flugleitbunker auf dem Flugplatz bereits im April 2010 abgerissen wurde, folgt der Abbau des letzten unterirdischen Bunkers auf dem Gelände seit Anfang Februar 2020.
Führungsbunker der BVfS Dresden
Der vermutlich Anfang der 1970er Jahre als Ausweichführungsstelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Dresden auf 750 m² Fläche erbaute Bunker vom Typ 1/15/V2c liegt in einem Waldstück zwischen Kamenz und Königsbrück im Landkreis Bautzen im Nordosten Sachsens. In den 1980er Jahren wurde der Bau als Wachbunker genutzt, Anfang Februar 1990 erfolgte die Besetzung durch ein Bürgerkomitee. In den folgenden Jahren wurde die Anlage vorübergehend für Champignonzucht genutzt, nachdem 1993 die regelmäßige nächtliche Bewachung eingestellt wurde, kam es vermehrt zu Einbrüchen in dem Bunker.
Im Jahr 2000 fanden die Übergabe an die Gemeindeverwaltung, letzte offizielle Begehung sowie der Verschluss aller Bunkerzugänge und Abriss sämtlicher oberirdischen Anlagen statt. Zu sehen ist nur noch das privat genutzte ehemalige Kommandantenwohnhaus.
Dittersdorf der BVfS Karl-Marx-Stadt
Der von 1974 bis 1979 erbaute Bunker vom Typ 1/15/V2 mit einer Nutzfläche von knapp 1.300 m² war nach seiner Fertigstellung die Ausweichführungsstelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Karl-Marx-Stadt. Die Anlage befindet sich wenige Kilometer südöstlich vom ehemaligen Karl-Marx-Stadt und heutigen Chemnitz auf der Dittersdorfer Höhe in der Gemeinde Amtsberg im Erzgebirgskreis im südwestlichen Sachsen. Der Bunker wurde im atomaren Notfall auf eine potenzielle Belegung mit 130 Personen ausgelegt, vorhanden waren Sanitäreinrichtungen, Lebensmittellager sowie Notstromaggregate. 1991 konnte ein Bürgerkomitee die Anlage besichtigen. Seit 2001 befindet sich auf dem Gelände ein zwei Hektar großer Campingplatz mit 80 Stellplätzen für Wohnmobile.
Sachsenbunker Lübschützer Teiche der BvfS Leipzig
Die in den Jahren 1968 bis 1972 auf 5,2 Hektar Fläche als Ausweichführungstelle der Bezirksverwaltung für Staatssicherheit Leipzig erbaute Bunkeranlage Lübschützer Teiche liegt wenige Kilometer nördlich der Gemeinde Machern im Landkreis Leipzig im Nordosten Sachsens. Der 1.500 m² große Bunker wurde seinerzeit als eine Ferienanlage des „VEB Wasserversorgung“ getarnt und hätte im Ernstfall ca. 100 MfS-Mitarbeitern Platz bieten sollen. Im Dezember 1989 wurde die Anlage eher zufällig entdeckt und enttarnt sowie für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Seit 1995 steht das gesamte Gelände als Teil der Leipziger Gedenkstätte Museum in der „Runden Ecke“ unter Denkmalschutz. Seit 2006 steht auf dem weitläufigen Außengelände ein neues Informationssystem mit Schautafeln zur Verfügung.
Führungsbunker Wismut OV Aue der BVfS Karl-Marx-Stadt
Der um das Jahr 1975 errichtete Bunker des Bautyps 1/15/V2c befindet sich zwischen Hartenstein im Landkreis Zwickau und Wildbach (Aue-Bad Schlema) im Erzgebirgskreis im Südwesten Sachsens. Ein Bunkerteil sollte als Ausweichführungsstelle der OV Aue der Wismut dienen, der andere als Stelle der Gebietskoordinierungsgruppe. Die Anlage war als Sprengstofflager getarnt und unterstand ab April 1982 der Abteilung W der BvfS Karl-Marx-Stadt. Der Bunker wurde damals auch als Abhörzentrale für das westliche Sachsen genutzt, heute ist das Privatgelände weitläufig umzäunt und dient der Forstwirtschaft. Der Bunker ist heute vollständig zugeschüttet und somit nicht mehr begehbar.
Komplexlager 32 Lohmen
Bereits ab 1965 wurden in dem unterirdischen Stollen auf dem Gemeindegebiet von Lohmenin der Nähe von Pirna im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge im Südosten Sachsens schwach radioaktive Abfälle eingelagert. 1983 wurde die Anlage vom Ministerium für Nationale Verteidigung (MfNV) übernommen und von 1984 bis 1987 als Komplexlager für die 6. Mobilmachungsdivision aus- und umgebaut. Die Nutzung des ca. 8.700 m² großen Komplexes samt zweier Lkw-Zufahrten, Anschlussgleis mit Laderampe, Personalbereich und Filterventilationsanlage erfolgte ab 1988.
Im Jahr 1990 wurde das Lager durch die Bundeswehr übernommen, 1999 wurden die Zugänge verschlossen. Seit 2007 befindet sich die Anlage im Privatbesitz eines Motorradklubs und wird gelegentlich für Veranstaltungen geöffnet.
Kossa-Söllichau
Die zwischen 1976 und 1979 von der NVA erbaute Bunkeranlage befindet sich zwischen dem Ortsteil Kossa der Gemeinde Laußig im Landkreis Nordsachsen und dem Ortsteil Söllichau der Stadt Bad Schmiedeberg im Landkreis Wittenberg im Bundesland Sachsen-Anhalt in der Dübener Heide bei Leipzig. Die insgesamt sechs Fertigteilbunker vom Typ FB-75 sollten im Kriegsfall als Führungsstelle des „Territorialen Militärbezirks III“ und zur Organisation von dessen Ersatz- und Ausbildungsbrigaden dienen. Im Jahr 1993 überlässt die Bundeswehr das Gelände privaten Nutzern, 1997 erfolgen grundlegende Sanierungen. 2002 wird die Bunkeranlage als technisches Kulturdenkmal offiziell anerkannt und als Museum mit heute jährlich ca. 12.000 Besucher eröffnet.
Führungsbunker der 3. Armee der NVA bei Mosel
Die zwischen 1978 und 1981 auf einer Fläche von ca. 40 Hektar gebaute Anlage besteht aus sechs Bunkerkomplexen des Typs FB-75 sowie der Schutzklasse E und befindet sich im Ortsteil Mosel der Stadt Zwickau im gleichnamigen Landkreis im Westen Sachsens. Die Anlage hätte im Falle eines Krieges als Feldführungsstelle der 3. Armee der NVA dienen sollen. Anfang Oktober 1990 wurde das Areal von der Bundeswehr übernommen und 1995 an die „Fahrzeugentwicklung Sachsen GmbH“ verkauft. Heute liegt es auf dem Gelände des „Volkswagenwerk Zwickau“.