Wundwasser nach einer OP
Syda Productions/shutterstock.com
Gesundheit

Wundwasser nach einer OP: Normal oder besteht Anlass zur Sorge?

Bei größeren Wunden kommt es generell zur Bildung von Wundwasser, das auch unter den Bezeichnungen Wundsekret und Wundflüssigkeit bekannt ist. Allerdings sind verschiedene Ursachen und auch unterschiedliche Zusammensetzungen des Wundwassers zu beachten.

Wundwasser nach einer OP: Wie wird es gebildet und woraus besteht es?

Nach einer Operation werden Körpersubstanzen in Form von Wundwasser abgesondert. Eine Mischung aus Leukozyten (weiße Blutkörperchen), Monozyten (Blutzellen) sowie der Lymphe (Lymphflüssigkeit) bildet zusammen mit dem körpereigenen Serum, das für die Wiederherstellung von zerstörten Gewebezellen essenziell ist, die Basis. Es können Exsudate (entzündliche Absonderungen) und Transsudate (nicht entzündliche) Bestandteile enthalten sein. Die entzündlichen Exsudate sind fast immer gelblich gefärbt. Die nicht entzündlichen Transsudate hingegen sind eher klar bis maximal leicht gelblich. Diese Unterschiede beruhen auf variierende Hauptbestandteile der beiden Sekrete.

Auch andere Blutbestandteile wie beispielsweise Eiweiß oder Glukose sowie ein hoher Anteil an eitrigen Zelltrümmern sind im exsudaten Wundsekret enthalten. Das transsudate Wundwasser hingegen ist arm an Zellen und enthält nur einen geringen Anteil an Leukozyten und Proteinen. Auch Blutplasma und Bindegewebsflüssigkeiten sind ein Bestandteil der Wundflüssigkeit. Je nach Art des austretenden Sekrets ist ihr jeweiliger Anteil unterschiedlich hoch.

Entstehung des Sekrets

Abhängig von der Art des austretenden Wundwassers handelt es sich in der ersten Phase um eine Exsudation oder eine Transsudation. In beiden Fällen werden zuerst schädliche Fremdkörper und Keime aus der Wunde heraus gespült. Die Wunde beginnt mit dem Reinigungsprozess. Im zweiten Schritt kommt es mittels Zellneubildung zur Wundschließung. Damit dieser Prozess möglich wird, reifen die im Wundwasser enthaltenen Monozyten zu Makrophagen heran. Diese entfernen an der Wunde die noch verbliebenen restlichen Zellrückstände und machen so den Weg frei für die Fibrolasten (Bildungszellen) des Bindegewebes. Diese werden zum Aufbau einer neuen Zellmatrix benötigt.

Damit sich die Fibrolasten zu zellbildenden Fibrozyten (Zellen des Bindegewebes) entwickeln können, sind sie auf ein ständig feuchtes Wundmilieu angewiesen.

So wird deutlich, dass Wundwasser nicht nur wie bereits erwähnt, für die Wundreinigung, sondern auch für die Wundschließung unabdingbar ist. Kommt es bei diesen Wundheilungsprozessen zu Komplikationen, ist eine Wunddehiszenz möglich. Dabei verkleben Teile der Wunde nicht miteinander und werden auch nicht bindegewebig miteinander verbunden. Die Wundränder klaffen auseinander, womit eine Wundruptur vorliegt. Eine gewisse Feuchtigkeit ist also nicht nur normal, sondern auch erforderlich, damit es zu einem erfolgreichen Wundheilungsverlauf kommt.

Dies gilt für kleine und große Wunden gleichermaßen. Also auch für Operationswunden, weil das Gewebe durch einen Eingriff von außen beschädigt wurde und wieder heilen muss. Hält der feuchte Zustand der Wunde länger als normal an oder ist er extrem stark, dann kann es zu Komplikationen kommen.

senior op
kittipong053/shutterstock.com

Welche Komplikationen können bei Wundwasser nach einer OP im Einzelnen auftreten?

Operationswunden gehen in der Regel mit einer temporären Verletzung einher, die das langsam heilende Weichgewebe betreffen. Zu nennen sind diesbezüglich Blutgefäße sowie Organe und flüssigkeitsführendes Gewebe. Im Gegensatz zu Verletzungen, die nur oberflächlich die Haut betreffen, kann sich der Heilungsverlauf sehr langwierig darstellen. Exsudate wie auch transsudate Wundsekrete fließen dann länger als üblich. Wenn es sich um eine sehr große Operationswunde handelt, ist fast immer von einem lang anhaltenden Austritt von Wundwasser auszugehen.

Was ist bei sensiblen Gefäß- und Organwunden zu beachten?

Vor allem bei Operationen an den Blutgefäßen im Bereich der Beine und des Herzens handelt es sich um komplexe aber auch sensible Bereiche, weil der dauerhaft erforderlich Blutfluss für die beschleunigte Wundheilung nur sehr bedingt eingeschränkt werden darf. Selbst dann, wenn die Gefäße nur grob verschlossen werden, fließen vor allem die kleinen Blutpartikel wie das Blutplasma aus der Wunde. Dieser Vorgang ist auch auf Operationen an den Organen zu übertragen. Insbesondere bei Lungenoperationen kommt es immer wieder zu einer vermehrten Einlagerung von transsudatem Wundsekret in den Lungenflügeln.

Probleme bei komplexen Wunden

Erleiden nur die oberen Gewebeschichten der Haut eine Verletzung, verläuft der Heilungsprozess in den meisten Fällen schnell und ohne Komplikationen. Bei Operationswunden ist das nicht unbedingt der Fall. Der Grund liegt darin, dass fast immer mehrere Gewebeschichten und eventuell auch Organe gezielt zu öffnen sind. Damit vergrößert sich nicht nur die Komplexität, auch das Ausmaß ist erheblich größer. Das Wundsekret, das für die Wundheilung erforderlich ist, hat somit eine viel schwierigere Aufgabe zu erfüllen. Schließlich ist nicht nur die Oberhautschicht, sondern auch das tiefer gelegene Gewebe wieder herzustellen.

Ist das zu operierende Gewebe durch Unfälle bereits vorgeschädigt, kann es durchaus passieren, dass es zu einem länger anhaltendem Austritt von Wundwasser kommt. Dies kann auch dann der Fall sein, wenn bei einer Operation Organe oder sensible Gefäße im Mittelpunkt des Eingriffs standen.

Hohe Druckverhältnisse können sich auswirken

Kommt es zu einem besonders hohen Gefäß- oder Gewebedruck im Zusammenhang mit operativen Wunden passiert es häufig, dass ein vermehrter Fluss von Wundwasser nicht ausgeschlossen werden kann. Verantwortlich sind Gefäß- und Organwunden, die das Wundsekret nach außen drängen. Verantwortlich dafür sind austretende Blut- und Gewebeflüssigkeiten.

Wundinfektionen stellen einen Komplikation dar

Ein anhaltender Austritt von Wundsekret bei verunreinigten Wunden ist immer sehr bedenklich.
Die Wundheilung kann aufgrund der ständigen Feuchtigkeit und weil die hohe Keimbelastung die Neubildung einer gesunden Zellmatrix erschwert kaum erfolgen. Exsudates Wundwasser tritt weiterhin mehr oder weniger konstant aus der Wunde aus und es kommt zu einer neuen Infektion der Wunde. Dieser negative Wundheilungsprozess kann sich unter Umständen mehrmals wiederholen und sehr lange andauern. Verantwortlich sind manchmal unsteriles OP-Besteck oder auch Wundflächen, die nicht ausreichend desinfiziert wurden. Die Gefahr, an einer Sepsis zu erkranken, ist hoch.

Wie gestaltet sich die postoperative Wundbehandlung nach einer OP?

In Abhängigkeit zu Art und Menge des Wundsekrets kann eine medizinische Maßnahme zur Sekretableitung erforderlich werden. Möglich ist dies mit einer inneren Drainage, bei der das Wundwasser mit einem operativen Kurzschluss in Hohlorgane, die in der Nähe liegen, abgeleitet wird. Dafür eignen sich zum Beispiel der Magen und die Speiseröhre. Mit einer äußeren Drainage wird das Wundwasser mit einem künstlichen Hohlraum von innen nach außen geleitet, damit es abfließen kann. Bei der äußeren Drainage handelt es sich in der modernen Medizin um die am häufigsten angewendete Methode, um Wundsekret abfließen zu lassen.

wundwasser behandlung
VGstockstudio/shutterstock.com

Welche äußeren Drainage-Methoden gibt es?

  • Die Redon-Drainage nach Henry Redon aus Frankreich

Diese Drainage gehört seit ca. 60 Jahren zu den am häufigsten angewandten Methoden in der Unfallchirurgie bei Wunden, die das Unterhautfettgewebe und die Gelenke betreffen. Der in einem Auffangbehälter durch Unterdruck erzeugte Sog wird genutzt, um das Wundwasser abzuleiten. Meistens kann das Wundwasser so schnell abfließen und die Wundflächen können sich durch den Unterdruck zusammenziehen. Eine schnellere und gesunde Wundheilung kann erfolgen. Die Wunddrainage wird für maximal 72 Stunden gelegt.

  • Die Shirley-Drainage

Diese Drainage-Methode wird hauptsächlich bei Wunden im Bereich des Bauches angewendet. Auch hier basiert das Absaugen auf einer Sogwirkung. Die Ableitung erfolgt mit Unterdruck. Insbesondere bei exsudantem Wundwasser hat sich die Shirley-Methode bewährt, weil sogar größere Mengen an Eiter aus der Wunde abgeleitet werden können.

  • Die Kapillar-Drainage für kleine Wunden

Bei Wunden im Bereich der Hautoberfläche wird die Kapillar-Drainage bevorzugt. Das Wundwasser wird ohne Unterdruck mit einem Kunststoffrohr entsprechend dem Kapillareffekt abgeleitet. Die Wundflüssigkeit muss dafür über eine ausreichende Oberflächenspannung verfügen, da sie sonst nicht nach außen geleitet werden kann.

  • Die T-Drainage und die Pankreas-Drainage

Beide Systeme werden angewendet, um einen Sekretstau aus der Galle und dem Pankreas abzuleiten. Die Funktionsweise ist identisch. Ein t-förmiges Rohr mit kurzen Seitenschenkeln, die unter der Bauchdecke eingenäht werden, dient als Leitungssystem. Die angestaute Wundflüssigkeit fließt durch die mittig liegende Öffnung und dann über einen langen Rohrschenkel in den Auffangbehälter.

  • Die Robinson-Drainage für den Abdominalbereich

Hier handelt es sich um ein geschlossenes System, dass nach dem Schwerkraftprinzip funktioniert. Im Bereich des Abdomens wird die Drainage direkt in den Bauchraum eingesetzt. So kann das Wundwasser über einen Ablaufstutzen direkt in den tragbaren und tieferliegenden Katheter ablaufen.

Wundwasser nach OP: Das Fazit

Die Sekretbildung, also die Entstehung von Wundwasser, ist normal. Das feuchte Milieu wird für einen normalen Wundheilungsprozess benötigt, damit sich die Wunde verschließen kann. Kritisch wird es jedoch, wenn die Eiterbildung zunimmt und der Abfluss von Wundwasser einfach nicht endet. Dann sollte umgehend ein Arzt konsultiert werden.

Ähnliche Beiträge

Methylsulfonylmethan (MSM): Wirkung und Anwendung

Barbara Meisinger

CBD bei Demenz: Kann der Wirkstoff Abhilfe schaffen?

Barbara Meisinger

Diese Gewohnheiten können zu Sehstörungen führen

Barbara Meisinger