Modifizierte Stärke
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Gesundheit

Modifizierte Stärke in Lebensmitteln: Ist das Misstrauen gerechtfertigt?

In den letzten Jahren und in jüngster Zeit noch vermehrt, sind wir als Verbraucher immer misstrauischer geworden gegenüber allem, was ohne unser Wissen oder Wollen in unseren Lebensmitteln steckt. Während immer mehr Menschen blindlings zu Fertigprodukten greifen anstatt selbst zu kochen, werden gleichzeitig auch immer mehr vorsichtig und kümmern und sorgen sich sogar um ihre Gesundheit. Zu oft wird von Zusatzstoffen in industriell bearbeiteten Lebensmitteln berichtet, die dem menschlichen Organismus schaden.

Modifizierte Stärke: Viele Vorurteile im Lebensmittelbereich unterwegs

Oft genug ist dieses Potenzial, schädlich zu wirken, sogar erwiesen; Oft wird es ’nur‘ vermutet. Ein gutes Beispiel für den zweiten Fall ist das Glutamat. Kritiker behaupten bis heute steif und fest, dieser Stoff (Mononatriumglutamat, E 621) sei gesundheitsschädlich und verursache Kopfschmerzen und Schlimmeres. Weil Glutamat reichlich in den meisten chinesischen Restaurants verwendet wird, haben Spötter dem Zeug den Spitznamen ‚chinesisches Kopfweh‘ verpasst. Komisch ist nur, dass die Chinesen immer noch nicht ausgestorben sind. Ähnliches galt vor einigen Jahren für die (wenig bekannte) Tonkabohne und einige Zeit lang sogar für Zimt.

Was das Glutamat angeht, so darf davon ausgegangen werden, dass dasselbe gilt wie für viele andere Stoffe auch: Ein gewisser Prozentsatz der Bevölkerung (etwa 15 Prozent) ist dagegen allergisch; Diese Menschen sollten natürlich dafür sorgen, dass sie mit dem Essen möglichst wenig zuzätzlich zugesetztes Glutamat zu sich nehmen, was gar nicht einfach ist, weil Glutamat von Natur aus in fast allen Lebensmitteln enthalten ist! Für den Rest von etwa 85 Prozent ist dieser Geschmacksverstärker völlig unschädlich. Manche Menschen lieben das Zeug sogar regelrecht.

Jetzt hat es auch die modifizierte Stärke erwischt

Vor einiger Zeit hat es nun auch das erwischt, was auf Lebensmittel-Packungen in der Zutatenliste als ‚modifizierte Stärke‘ deklariert wird. Wieder stellt sich der verunsicherte Verbraucher stirnrunzelnd die Frage: Ist das wohl gesund? Oder sollte ich von Produkten, die so etwas enthalten, lieber die Finger lassen?
Die einfache, kurzgefasste Antwort heißt (auch) hier: Nein, modifizierte Stärke ist grundsätzlich nicht gesundheitsschädlich. Ein kleines ‚aber‘ gibt es allerdings auch hier zu beachten.

stärke in lebensmitteln
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Stärke: Einer der wichtigsten Bestandteile unserer Nahrung

Um den Sachverhalt besser zu verstehen, lohnt es sich, zu wissen, was diese ominöse ‚modifizierte Stärke‘ eigentlich ist. Stärke ist ein Polysaccharid, ein Makromolekül, das zu den Kohlenhydraten zählt. Sehr stark vereinfacht gehört sie als Energiespeicher zu den wichtigsten Bestandteilen unserer Nahrung. In der Küche wird Stärke vor allem als Bindemittel verwendet. Kaum eine Sauce und kein Knödelteig, die ohne Stärke auskämen. Die Binde-Wirkung hat ihre Ursache darin, dass Stärkemoleküle bei Erhitzung ein Vielfaches ihres Eigengewichts und -volumens an Wasser an sich binden können. Sie quellen dann auf und ‚verkleistern‘.

So wird zum Beispiel eine Sauce je nach zugegebener Stärke-Menge immer ‚dicker‘. Nicht jeder mag das. In der gehobenen Küche war und ist hier und da bis heute die ‚Mehlpampe‘ ungeliebt. Ein guter Koch, heißt es manchmal, könne eine gute Sauce auch ohne ’sowas‘ zubereiten. Das mag schon sein, aber manchmal ist halt doch eine schöne gebundene Sahnesauce oder Ähnliches wünschenswert.

Eher eine Geschmacksfrage als eine Frage der Gesundheit

Es handelt sich hier eher um eine Geschmacksfrage als um eine Frage der Gesundheit. Bei Mehlsaucen ließe sich allenfalls über die Zu- oder Abträglichkeit für das Körpergewicht des Essers diskutieren. Wenn von ‚modifizierten Stärken‘ (es gibt viele verschiedene Arten) die Rede ist, ist damit gemeint, dass die jeweilige Stärke industriell verändert worden ist. Der Grund für diese Veränderung ist, dass die dann ‚modiziert‘ genannte Stärke mehr Säurestabilität aufweist und eine größere Hitzestabilität besitzt. Außerdem behält eine mit modifizierter Stärke gebundene Flüssigkeit ihre Bindung beim Einfrieren und Auftauen besser als eine ohne modifizierte Stärke.

Das ist für die Hersteller zum Beispiel von tiefgefrorenen Fertigmenues natürlich eine wichtige Eigenschaft. Im Übrigen erhält eine mit solchen Zusätzen gebundene Sauce oder andere Flüssigkeit ein zäheres Fließverhalten. Einfach ausgedrückt: Die Sauce schwappt nicht dünnflüssig auf dem Teller herum. Das ist ja in der Regel der Grund, weshalb Stärke überhaupt beim Kochen verwendet wird. Ein Knödelteig würde ohne Zugabe von Stärke überhaupt nicht zusammenhalten, sondern beim Kochen zefallen.

Modizierte Stärke ist in einer Vielzahl von Lebensmitteln

Kartoffeln, Mais und Weizen sind die in Europa wichtigsten ‚Spender‘ von Stärke. Je nachdem, welche Eigenschaften wie stark verändert werden sollen, werden die Stärken unterschiedlichen chemischen Prozessen unterworfen, die aber allesamt keine negativen Auswirkungen auf die spätere Verwendung haben. Je nachdem werden die Stärken sogar mehreren solchen Prozessen nacheinander ausgesetzt. Sind Stärken wie hier beschrieben chemisch verändert, müssen sie als Lebensmittelzusatzstoff gekennzeichnet sein (E 1400 – E 1451), sind aber klar als unbedenklich einzustufen.

geschälte kartoffeln
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Viele modifizierte Stärken sind ganz normale Lebensmittelzutaten

Sind Stärken nicht chemisch, sondern nur physisch durch Druck oder Hitze oder aber enzymatisch verändert, unterliegen sie nicht einmal der Lebensmittelzusatzverordnung, sondern gelten dann schlicht als Lebensmittelzutat, so wie Salz oder Pfeffer oder was auch immer. Modifizierte Stärke wird vom menschlichen Organismus auch genau so verdaut wie unmodifizierte. Verwendet werden modifizierte Stärken in einer Vielzahl ganz unterschiedlicher Lebensmittel. In Pudding sind sie ebenso enthalten wie in Tiefkühlkost, in Molkereierzeugnissen ebenso wie in Backwaren, Instant- und Fertigprodukten.

Wie fast immer im Leben gibt es, wie oben schon kurz erwähnt, auch hier einen kleinen Haken. Für viele Lebensmittelzutaten wie bestimmte Süßungsmittel ist pflanzliche Stärke eine der wichtigsten Grundzutaten. Die langen Stärkemoleküle müssen in kürzere Einheiten umgewandelt werden, wozu Enzyme eingesetzt werden, die durch dieses ‚Aufbrechen‘ eine Verzuckerung der Stärke bewirken.

Irgendeinen Haken gibt es praktisch immer

Der Haken dabei ist, dass viele Enzyme mit gentechnisch veränderten Mechanismen hergestellt werden. Grundsätzlich sind gentechnisch veränderte Lebensmittel in Deutschland nicht zulässig. Das gilt allerdings nur ab einer bestimmten Schwelle, einem festgelegten Grenzwert. Bleiben sie unter diesem Grenzwert, muss ihre Verwendung nicht einmal angegeben werden. Ohne dass er es ahnt, kann der Verbraucher beim Einkaufen also durchaus Lebensmittel erwerben, die eben doch mit ‚ein bisschen‘ gentechnisch veränderten Stoffen hergestellt worden sind. Negative gesundheitliche Auswirkungen sind aber bislang nicht beobachtet worden und gelten als ausgeschlossen.

Ein bisschen Gentechnik kann durchaus dabei sein

Wenn es in einem Internet-Blogbeitrag heißt: „Für Gentechnikgegner sind modifizierte Stärken ein Albtraum“, weil alle zugelassenen modifizierten Stärken unter Verwendung gentechnisch veränderter Organismen hergestellt werden können, dann darf das getrost in den Bereich der Panikmache verwiesen werden. Auch wenn möglicherweise ‚ein bisschen‘ Gentechnik mit im Spiel sein kann, sind dadurch noch nie irgend welche gesundheitlichen Probleme aufgetaucht. In anderen Ländern gehen die meisten Menschen mit solchen Dingen ohnehin deutlich gelassener um als die Deutschen, denen ein klitzekleiner Hang zur Hypochondrie nicht abgesprochen werden kann.

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